Was machen die Geräusche im Krankenhaus mit uns? Gibt es einen Weg dies zu beeinflussen? Und ist das überhaupt wichtig?
VON DER AKUSTISCHEN UMGEBUNG ÜBER ATMOSPHÄRE ZU WOHLBEFINDEN
Das Konzept der „heilsamen Umgebung für Gebäude der Gesundheitspflege“ wurde beschrieben als:
„…eine physische Situation und Organisationskultur die Patienten/-innen und Familien hilft, die Anstrengungen von Krankheit, Krankenhausbesuchen und ärztlichen Untersuchungen, den Heilprozess und manchmal auch Verlust und Trauer zu überstehen. Das Konzept setzt voraus, dass das äußerliche Umfeld in der Gesundheitspflege einen Unterschied machen kann in Bezug auf die Zeit die ein/-e Patient/-in benötigt um sich von bestimmten akuten oder chronischen Zuständen zu erholen oder sich an diese anzupassen“ (Stichler, 2001).
Nicht nur die Raumarchitektur, die verwendeten Materialien, Farben und Lichtverhältnisse beeinflussen Patienten/-innen und Personal, auch akustische Bedingungen, die Geräuschkulisse haben einen Effekt: „Geräuschkulisse meint die komplexe akustische Klangumgebung und umfasst sowohl positive Klänge als auch störende“ (de Ruiter, 2015).
All diese verschiedenen sinnlichen Einflüsse bestimmen die Atmosphäre eines Raums, sie verändern den tatsächlichen physiologischen Zustand und umgekehrt: die inneren Rahmenbedingungen – die Umstände und Gründe aus denen man dort sitzt – beeinflussen die Wahrnehmung der Situation.
Obwohl unter anderen auch Musiktherapeuten/-innen dieses Projekt initiierten, handelt es sich bei dieser Art der Klangintervention nicht um Musiktherapie. Das Musikhören und Klanginterventionen können Teil von musiktherapeutischer Behandlung sein, aber eine allgemein anerkannte Definition von Musiktherapie besagt, dass eine therapeutische Beziehung bestehen muss um eine Klangintervention zur Musiktherapie zu zählen.
„Musiktherapie ist ein reflektierender Vorgang, bei dem der/die Therapeut/-in hilft die Gesundheit dem/der Patient/-in zu verbessern, unter Einsatz verschiedener Facetten musikalischer Erfahrung und der Beziehung die zwischen beiden geformt wurde…“ (Bruscia, 2014).
In unserem Fall gab es keinen Therapeuten/-in, keine therapeutische Beziehung, keine Behandlungsvereinbarung. Unser Interesse aber, die alltägliche Klangkulisse in Krankenhauswartezimmern zu beobachten, kann vor dem Hintergrund der therapeutischen Empfindsamkeit gesehen werden: die Klangkulisse spielt eine wichtige Rolle bei einer „heilsamen Umgebung“ – für Patienten/-innen als auch für Angestellte.
Atmosphäre, die Schlüsselidee des deutschen Philosophen Gernot Böhme und anderen Autoren der sogenannten „New Aesthetics“ Bewegung, könnte eine Brücke zwischen den physischen und physiologischen Gegebenheiten, in Warteraumsituationen, schlagen: der emotionale Zustand einer Person im Warteraum and die physische Umgebung des Raums beeinflussen beide die wahrgenommene Atmosphäre. Böhme (2013) ordnet Atmosphäre innerhalb „der Beziehung zwischen umgebungsbedingten Eigenschaften und der menschlichen Verfassung“ (S. 22f) ein. Wir haben also Objekt-Pol und Subjekt-Pol als zwei Seiten einer sich entfaltenden Atmosphäre in einer bestimmten Situation. Die Atmosphäre befindet sich nicht wie ein Gegenstand im Raum; aber die spezifischen Eigenschaften des Raumes ermöglichen es uns atmosphärisches „Abstimmen“ wahrzunehmen (oder zu projizieren?) – gegen den Hintergrund meiner emotionalen Situation. Atmosphären sind relationale Zwischenphänomene. Klanginterventionen verändern die akustischen Gegebenheiten eines Raumes, sie beeinflussen die Atmosphäre in ihm und vermögen so die Stimmung von Hörer/-in, Patient/-in und Angestellten zu verändern oder gar zu verbessern.
Geschrieben von: Georg Hajdu, Eckhard Weymann, Goran Lazarevic und Benedict Carey